Zur dritten Ausgabe von lettere aperte. Aus den cross sections der Italienischen Literatur.

Gerade das hier versammelte Beitragspacket mit seinem kohärenten konzeptuellen Programm und seinen entsprechenden theoretischen Forderungen lädt zur kritischen Prüfung ein und bietet somit eine ausgezeichnete Gelegenheit zur Initiierung des neuen polemischen Formats.

In ihrem offenen Brief zur dritten Ausgabe von lettere aperte konfrontiert Alice Verti die Autor*innen mit einigen scharfsinnigen und außerdem elegant formulierten Problemen (sie selbst spricht von «Provokationen»). Einmal abgesehen von ihrem nur indirekt formulierten Vorbehalt gegenüber einer neuen (man möchte ergänzen, post-poststrukturalistischen) Tendenz zur Objektivität, die uns alle, und insbesondere unsere Autor*innen zu den «wahren Positivisten» machte, übt Vertis „Brief“ keine Kritik am konzeptuellen Rahmen oder an den einzelnen Arbeitsergebnissen. Den feldtheoretisch motivierten Erklärungen zur spezifischen Gestalt und Entwicklung des deutschen Kanons im Novecento stellt sie vielmehr eine andere, theoretisch (und terminologisch) unbefangene, gleichsam allgemeinere Sicht entgegen, die in der italienischen Auseinandersetzung mit deutschsprachigen Elementen zum Beispiel das Resultat einer grundlegenden Ungleichzeitigkeit, einer Art historischer Phasenverschiebung erkennt («der Mikrokosmos deutschsprachiger Literatur hat jene „Modernität“, die der italienische Mikrokosmos in jenen Jahren zur Ziffer Ziffer einer „Aktualität“ [contemporaneità] machen wird, schon seit geraumer Zeit hinter sich gelassen»). Damit stellt sie sich den Beiträgen von Storia e mappe digitali della letteratura tedesca in Italia nel Novecento nicht polemisch in den Weg, sondern nimmt diese vielmehr zum Anlass für Divagations – für Betrachtungen, die, vom Zwang des Ertrags spezifisch literaturwissenschaftlicher Studien befreit, aus der Vogelperspektive formuliert sind. Alice Vertis (zurückhaltend) offener Brief ist in seiner diskurs-erweiternden Funktion ein ausgezeichnetes Beispiel für die mögliche Interpretation unserer neuen polemischen Spalte.

 

Abschließend eine Danksagung: Die Verwirklichung der dritten Ausgabe wäre unmöglich gewesen ohne die geduldige Unterstützung von Gerhard Moser. Andrea Stück gebührt besondere Verbundenheit für die präzise, verlässliche redaktionelle Mitarbeit, sowie für die daraus entstandenen inhaltlichen Diskussionen. Die photographischen Einfälle (im Editorial und in der Lettera aperta) verdanken wir Kristin Engelhardt.

 

 

Editorial

 

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